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    Eine Straßenbahn für Aachen?

    Seit drei Jahren gibt es ein erneutes Vorhaben, die Städteregion durch eine Bahn zu verbinden. Die Planungen zur "Regio-Tram" nehmen bereits Gestalt an. Vor knapp 50 Jahren wurde das Straßenbahnnetz in Aachen außer Betrieb genommen. Ein Überblick.

    Eine Straßenbahn, die durch Aachen fährt, 70.000 Pendelnde jeden Tag transportiert und vollkommen elektrisch betrieben wird? In einigen Jahren könnte die “Regio-Tram” möglicherweise stehen. Was das genau bedeutet und welchen historischen Hintergrund die Planungen haben, erfährst du hier.

    19.-20. Jahrhundert: Historische Aachener Stadtbahn

    Im Jahr 1880 wurden die ersten Linien der neuen Stadtbahn eröffnet. Damals wurden die Wagons noch von Pferden gezogen. Ab dem Jahr 1895 wurde die Bahn dann schrittweise elektrifiziert. Bis zum 1. Weltkrieg und in der Zwischenkriegszeit wuchs das Straßenbahnnetz stetig an. Nach dem 2. Weltkrieg dauerte es infolge der starken Beschädigung der Infrastruktur mehrere Monate, bis der Betrieb einiger Linien wieder aufgenommen werden konnte. Die Renovierungsarbeiten dauerten bis 1950 an. Bereits zu diesem Zeitpunkt musste sich die Bahn mit der stärkeren Konkurrenz durch den Automobilverkehr auseinandersetzen. 1951 begann die ASEAG mit dem schrittweisen Umstieg auf Busse. 1974 wurde schließlich die letzte Straßenbahnlinie außer Betrieb genommen.

    2009-2013: Planen und Scheitern der Campusbahn

    Die Planungen für die “Campusbahn” begannen 2009. Im Rahmen der geplanten RWTH-Campus-Erweiterung kam die Idee zu einer Verbindung von Melaten, Klinikum und Campus über die Innenstadt zum Ortsteil Brand auf. Darauf aufbauend entwickelte die Stadt ein eigenes Konzept. 2012 stellte der damalige Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) eine Bahnverbindung für das gesamte Stadtgebiet vor. In zwei verschiedenen Bauphasen sollte das Projekt verwirklicht werden können.

    Die politische Unterstützung für das Projekt war groß. Der Aachener Stadtrat unterstütze das Projekt mit einer breiten Mehrheit von CDU, SPD, Grünen und Linkspartei. Dagegen stellte sich die Initiative „Campusbahn = Größenwahn“, die die hohen Kosten von über 200 Millionen Euro kritisierte und ihre Sorge vor jahrelangen Baustellen zum Ausdruck brachte.

    Es kam zur Volksabstimmung: In einem Ratsbegehren stimmten zwei Drittel der Aachenerinnen und Aachener 2013 gegen das Projekt.

    Jetzt: Die Regio-Tram

    Die heutigen Entwürfe und Machbarkeits-Analysen für die Regio-Tram gehen auf ehemalige Ideen zu einem Ausbau der Euregiobahn in das Stadtgebiet zurück. Das Ziel: die Zentren der verschiedenen Kommunen innerhalb der Städteregion miteinander zu verbinden. Bereits jetzt pendeln laut dem Aachener Verkehrsverbund (AVV) fast 70.000 Menschen täglich aus dem Nordkreis in das Stadtzentrum von Aachen. Diese Zahl könnte in den kommenden Jahren noch weiter steigen.

    Im September 2018 beauftragte der Städteregionsausschuss die Verwaltung, ein Regio-Tram-Projekt zu erarbeiten. Unterstützung erhielt er von den Kommunen des Nordkreises, der Stadt Aachen und dem AVV. Im März 2020 vergab der AVV nach europaweiter Ausschreibung dann den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie an eine Arbeitsgemeinschaft mehrerer Unternehmen.

    In der Voranalyse wurde die Möglichkeit verworfen, die Regio-Tram durch die Reaktivierung stillgelegter Bahntrassen aufzubauen oder statt einer Bahn Schnellbuslinien einzusetzen. Stattdessen wird eine neue Streckenführung empfohlen, die in großen Teilen parallel zur B57 verläuft und die Städte Würselen, Alsdorf und Baesweiler mit Aachen verbinden soll. In Richtung Eifel, Simmerath und Monschau, wird von einer Schienen-basierten Lösung abgeraten, hier sollen stattdessen Schnellbusse eingesetzt werden. Geprüft außerdem wird eine Verlängerung der Regio-Tram bis zum Aachener Hauptbahnhof. Nach bisherigen Planungen soll sie nur bis zum Elisenbrunnen gehen.

    In „Stufe 2“ der Planungen, die voraussichtlich gegen Ende 2021 beginnt, soll die Bevölkerung verstärkt in den Planungsprozess mit einbezogen werden. In dieser Phase geht es vor allem um die genaue Streckenführung innerhalb des Stadtgebiets. Ob der Bau einer Tram in Aachen letztendlich machbar ist und beschlossen werden kann, muss sich aber auch hier noch zeigen.

    Aktuelle Informationen des AVV und Antworten auf häufige Fragen findest du hier. Eine Präsentation des Gutachtens mit möglichen Streckenverläufen findest du hier.

    Rasmus Epperlein
    Rasmus Epperlein
    Schreibt unter anderem über Politik, Umwelt, Verkehr und Städtebau in der StädteRegion. Kontakt: rasmus@auhuurmagazin.de

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