Über 30 Bäche fließen durch den Aachener Talkessel. Vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein wurden mit ihrer Kraft Mühlen und Spinnereien betrieben. Damit sorgten sie, unter anderem durch die Ermöglichung der großen Tuchindustrie, lange für den Wohlstand der Stadt. Vor etwa 200 Jahren wurde begonnen, die Bäche in den Untergrund zu verlegen. Stadtplaner wollen das jetzt ändern.
Was blieb waren die Straßennamen
Bereits die Römer begannen die Bäche umzuleiten und für verschiedene Zwecke zu nutzen. Noch heute kann man in archäologischen Fenstern die historischen Wasserrinnen besichtigen. Bis heute ist der ursprüngliche Verlauf einiger Bäche nicht geklärt.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die Bäche im inneren Stadtgebiet dann in unterirdische Kanalisationen verlegt. Seitdem zeugen nur noch Straßennamen und mitunter Bodenmarkierungen von dem Verlauf der Bäche („Warmweiherstraße“, „Bachstraße“ etc.).
Lehre aus Malaria- und Cholera-Infektionen
Die Verlegung der Bäche in Rohre hatte ihre Gründe. Lange Zeit boten die Bäche im Stadtgebiet eine praktische Möglichkeit zur Entsorgung von Abwasser aus Industrie und Privathaushalten. Die anhaltende Verschmutzung sorgte für Gestank und Verbreitung von Krankheitserregern, so kam es im 19. Jahrhundert gleich zu mehreren Cholera-Epidemien. Sogar einige Fälle von Malaria gab es, weil die Vermischung des kalten Bachwassers mit dem Thermalwasser der heißen Aachener Quellen ein ideales Milieu für die Larven der Anopheles-Mücke schuf.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden unterirdische Rohre geschaffen. Das Abwasser bekam ein eigenes Kanalisationssystem. Anfang des 20. Jahrhunderts waren schließlich alle Bäche in der Innenstadt von der Oberfläche verschwunden.
Erst vor 20 Jahren kam ein Umdenken
Später jedoch änderte sich die Stimmung. Nach längeren Überlegungen und Planungen wurde schließlich 1999 eine Rinne gebaut, durch die auf einer Strecke von ca. 500m vom Lindenplatz bis zur Pontstraße etwa die Hälfte des Wassers des Johannisbachs fließt.
Nun sollen weitere Bäche ans Tageslicht geholt werden. Innerhalb des Stadtgebiets gibt es jedoch nicht die Möglichkeit, das Wasser durch ein Naturnahes Bachbett laufen zu lassen. Eine Möglichkeit ist es, das Wasser durch neu geschaffene Rinnen zu leiten, wie auch schon beim Johannisbach, jedoch sind auch andere Alternativen denbar.
Das sind die konkreten Pläne
Langfristig sollen die Bäche und Quellen an möglichst vielen Stellen sichtbar werden. Dabei geht es unter Anderem darum, das identitätsstiftende Aachener Wasser wieder spürbar zu machen und um die Präsentation der oft eng mit dem Wasser verbundenen Stadtgeschichte. Auch soll die Aufenthaltsqualität gesteigert und das Mikroklima durch das Wasser verbessert werden.
Für die kurz- bis mittelfristige Umsetzung sind drei Orte in der Innenstadt vorgesehen. Dabei steht zu Beginn die Pau im Mittelpunkt.
An Klappergasse und Rennbahn soll sie durch ein kontinuierliches Gerinne fließen. Der Bach soll dadurch am Ort seines natürlichen Verlaufs erlebbar gemacht werden. Unter Anderem sollen einige historische Rinnensteine wiederverwendet werden. In Kombination mit weiteren städtebaulichen Maßnahmen erhofft man sich eine deutliche Steigerung der Aufenthaltsqualität.
Für den Willy-Brandt-Platz reichen die Ideen noch weiter. Im Mittelalter befand sich auf der Höhe des C&A Kaufhauses eine Mühle. Seit 1977 macht der Kugelbrunnen des Künstlers Albert Sous das Aachener Wasser sichtbar. Die Pau fließt hier in einem unterirdischen, historischen Kanalrohr in etwa drei Metern Tiefe. Eine der Möglichkeiten sieht die Offenlegung des Bachs vor. Der Platz würde teilweise abgesenkt und der obere Teil des Kanalrohrs auf einem 16 Meter langen Teilstücks entfernt werden. Anders als in den anderen Fällen würde der Bach nicht nur durch ein Gerinne repräsentiert, sondern tatsächlich selbst sichtbar werden. Auch der historische Kanal kann so besichtigt werden.
Die Alternative am Willy-Brandt-Platz ist ein drei Meter breites, flaches Wasserbecken, das topografisch gestaltet sein soll. Der Bach würde nicht unmittelbar sichtbar werden, jedoch könnte der Verlauf der Bäche und der Grundriss der Stadt baukünstlerisch eingebracht werden. Außerdem sollen kleine Schleusen und Sperren Kinder zum Spielen einladen. Welcher der Entwürfe letztendlich umgesetzt wird, soll noch entschieden werden.
Als drittes soll die Pau nicht weit vom Willy-Brandt-Platz am Synagogenplatz sichtbar werden. Hier ist eine 30 Zentimeter breite, 8 Zentimeter tiefe und 27 Meter lange Rinne vorgesehen. Der Platz soll verbreitert und die Fahrbahn verschmälert werden. Die Oberkante der Rinne soll bündig zum Bürgerteig sein.
Die Vision der Stadtplaner
Langfristig sollen die Bäche wieder ein sichtbarer, allgegenwärtiger Bestandteil der Stadt sein. Das wurde bereits in Planungen für mehrere Umgestaltungsmaßnahmen einbezogen. So wird unter anderem eine Wasserrinne am Theaterplatz geprüft, dessen Umgestaltung in den nächsten Jahren durchgeführt werden soll (Au Huur! Magazin berichtete). Auch über weitere offene Abschnitte des Johannisbachs wird im Rahmen der langfristigen Umgestaltung des Gebiets Bushof/Altes Kurhaus nachgedacht.
Nicht in diese weiterreichenden Planungen einbezogen sind mögliche Bachoffenlegungen in Burtscheid. Diese, insbesondere im Burtscheider Kurpark und im Frankenberger Viertel, sollen separat geplant werden.
Neugierig geworden? Den Erläuterungsbericht der Stadt zum Thema “Aachener Bäche sichtbar und erlebbar machen” findest du hier.