„Arise O compatriots“, singen 120 Menschen am Samstagmittag vor dem Elisenbrunnen. „One nation bound in freedom, peace and unity“ („Ein Land vereint durch Freiheit, Frieden und Einigkeit“), geht der Text der nigerianischen Nationalhymne weiter. Freiheit, Frieden, Einigkeit: All das steht in Nigeria gerade auf dem Spiel.
Brutale Polizeieinheit SARS
Der Grund dafür ist die Polizeieinheit SARS. Die Special-Anti-Robbery-Squad wurde in den 1990er-Jahren gegründet. Das Ziel war es, Raubüberfälle, Entführungen und Viehdiebstähle besser bekämpfen zu können. Immer wieder ließen sich die zivil-gekleideten Polizisten aber selbst nicht von Verbrecherbanden unterscheiden: Illegale Festnahmen, Korruption, Folter und weitere Menschenrechts-Verstöße stellte Amnesty International schon 2016 in einem Bericht fest.
Anfang Oktober 2020 verbreitete sich ein Video im Netz, in dem zu sehen war, wie mehrere SARS-Polizisten einen Mann erschossen. Anschließend ließen die Beamten ihn auf der Straße liegen und flüchteten in seinem Auto. Rasch verbreitete sich der Hashtag “End SARS” auf Twitter. Viele junge Nigerianer:innen forderten die Auflösung des Kommandos und das Ende von Polizeigewalt.
Am 20. Oktober endete in Nigerias größter Stadt Lagos eine Demonstration in einem Blutbad. Laut Amnesty International starben dabei 12 Menschen. “Wir trauern mit den Angehörigen der Opfer und sind sehr besorgt über die Lage in Nigeria”, erklärte danach Dirk Bingener, Präsident des katholischen Hilfswerks Missio Aachen.
Mittlerweile offiziell aufgelöst
Die Regierung der größten Volkswirtschaft Afrikas hatte zu dem Zeitpunkt schon die Auflösung von SARS versprochen – zum vierten Mal. Deswegen und weil viele weitere Forderungen der Demonstrant:innen nicht erfüllt wurden, dauern die “End SARS”-Protestwellen weiterhin an. Ersetzt werden soll das Kommando durch ein neues mit anderem Namen. Die SARS-Beamten sollen nicht entlassen, sondern in andere Polizeieinheiten versetzt werden.